Mein Kind kommt auf die Welt. Ich habe höllische Schmerzen beim austragen, es ist niemand bei mir der mich durch diese Acht Stunden Entbindung begleitet außer einem dutzend Ärzte und Schwestern die mir allesamt auf die Muschi starren und ich mir vorkomme wie bei einer pietätlosen Zirkusveranstaltung. Mein Mann ist arbeiten. Geld scheffeln für ein Leben zu dritt. Allerdings taucht er auch nach der Entbindung nicht mehr auf.
Die ersten Jahre sind der reinste Ärger. Ständig macht man sich sorgen. Ist mein Kind gut versorgt? Hat es alles was es braucht? Wie ernähre ich es richtig damit es mir nicht irgendwann vorhält es sei ständig zu dick? Ich schlage mir die Nächte um die Ohren und alles was ich dafür bekomme sind Sorgen!
Mein Kind ist soweit in den Kindergarten zu gehen. Ich wechsele den Kindergarten nachdem mein Kind dort die Worte „Fotze“, „Arschloch“ und „Ficken“ gelernt hatte und stecke es in einen Kinderhort, wo ich bis dato nicht erfahre das sich die Pädagogen an meinem Kind vergreifen. Auf Anraten eines Arztes lasse ich mein Kind mit Medikamenten gegen seine plötzliche Lustlosigkeit, Angstzustände und Trieblosigkeit vollpumpen.
Es wird Zeit mein Kind auf die Schule zu schicken. Mein Kind entwickelt sich zu einer Art Einzelgänger und ich bekomme nichts davon mit das dass aufgrund von Mobbing und Schikane passiert, denn mein Kind traut sich nicht mit mir darüber zu sprechen, weil es dann bloß wieder Medikamente geben würde. Es bringt nie Freunde mit und so langsam mache ich mir sorgen wegen der abfallenden Noten. Nach einem Gespräch mit dem Klassenlehrer vereinbare ich den ersten Termin beim Psychologen für mein Kind und stelle die Ernährung um. Das hat der Lehrer zwar nicht geraten aber mir ist jetzt nach Schokolade. Der Psychologe rät dazu an mein Kind in Vereine zu stecken, damit es auch andere Kinder kennenlernt und mit ihnen Interagiert. Ich melde mein Kind beim Chor an. Singen macht Spaß und Nächstenliebe ist ein Grund zur Hoffnung. Während ich mit anderen Müttern zusammen Kaffee trinke wird man Kind vom Chorleiter noch im Beichtstuhl dazu bewegt sich auszuziehen und sich anfassen zu lassen.
In den Sommerferien schicke ich mein Kind in diese Ferienlager. Jeden tag rufe ich es an und muss mir anhören es möchte unbedingt wieder nach Hause. Wenn ich frage warum und einen triftigen Grund suche schweigt es. Das reicht mir nicht und es sind doch nur noch zwei Wochen. Als mein Kind zurückkommt will es nicht mit mir sprechen. Der Psychologe erklärt mir, das dass die Trotzphase, die Pubertät ist. Kinder wollen sich loslösen. Ich glaube ihm, er hat den Doktortitel.
Mein Kind hat zwei Klassen der Grundschule wiederholen müssen und endlich geht es auf die weiterführende Einrichtung. Ein neuer Anfang. Mein Kind ist aufgeregt und ich auch. Was mein Kind so alles den ganzen tag in der Schule macht muss ich nicht mehr verfolgen, schließlich will es mir ohnehin nichts sagen weil Erwachsene nerven und ich verstehe das, denn die Pubertät habe ich auch erlebt. Ich bekomme nicht mit das es von seinen Mitschülern um Geld erpresst wird, das es nach Hause verfolgt, geschlagen und getreten wird. Bekomme nicht mit das es Videos auf YouTube gibt die zeigen wie mein Kind geschlagen und bespuckt wird. Die Noten bleiben stabil, aber soweit ich das mitbekomme geht mein Kind sowieso nicht vor die Tür.
Nachdem ich viele Jahre für mein Kind geopfert habe gehe ich endlich wieder arbeiten. Mein Kind wird langsam erwachsen und ist schon so selbstständig das ich es alleine lassen kann. Jugendliche wollen ohnehin nicht dauernd unter Beobachtung stehen. Ich hatte damals zwar ein erfüllenderes Leben nach der Schule aber wir hatten ja auch keine großen Möglichkeiten wie es die heutige Jugend hat. Während wir und mit uns selbst beschäftigt haben um der langweile zu entfliehen hockt sich mein Kind vor den Fernseher. Zumindest kann ich das nur vermuten. Ich erzähle gerade meiner Kollegin von meinem Kid nun seinem Werdegang und wie Stolz ich auf unser kleine intakte Familie sein kann.
Ich schalte das Radio ein, höre einen Radiosprecher aufgeregt von einer Schießerei erzählen. Ich schalte um zu einem Sender der Musik spielt, damit ich mich besser konzentrieren kann. Als ich zurück nach Hause komme ist es Still. Mein Kind, das wird in seinem Zimmer sein denke ich mir und setze eine Kanne Kaffee auf, koche schon mal das Essen. Mein Kind lässt sich immer noch nicht blicken. Ich gehe zu seinem Zimmer und stelle fest das mein Kind gar nicht da ist. Nur einen Zettel finde ich, der auf dem frisch gemachten bett lag. Und die Worte meine Kindes brennen sich in meinem Kopf ein, als die Polizei vor meiner Wohnung steht um mir zu sagen das seine Worte kein Geschwätz waren.
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Purzel
Ja, so heißt er und ist ein Bild von einem Kater. Sein Frauchen ist die Wilhelmine und Purzel ist ihr ganzer Stolz. Paul, der Wilhelmines Mann schon seit Jahrzehnten ist, rangiert sehr weit hinter Purzel. Na ja, so attraktiv wie Purzel sieht er eben nicht mehr aus, das ist wegen dem Zahn der Zeit. Purzel weiß, was er an Wilhelmine hat und schmust mit ihr gern, schließlich würde er sich nie mit einer Katzendame von der Straße einlassen, die ja ohnehin nicht seine Gefühle erwidern kann. Er führt eigentlich ein sorgenfreies Leben, wie man es von menschlichen Kindern in so genannten intakten und wohlhabenden Familien her kennt. Sein Speiseplan ist angemessen. Montag gibt es gespickten Rehbraten, Dienstag gebratenes Hähnchen, am Mittwoch Schnitzel Cordon Bleu, donnerstags gefüllten Putenbraten und am Freitag feines Zanderfilet in Dillsoße. Die weiteren Tage sind entsprechend. Natürlich sind diese Menüs von eigens dazu ausgebildeten Gourmet- Köchen zusammen gestellt worden und werden in sterilen Kleincontainern geliefert. Reste von Wilhelmines Kochkünsten wären eine glatte Zumutung für Purzel. Paul kennt diese feinen Speisen nur aus Büchern. Es wäre grausam zu verlangen, dass Purzel eine Maus verzehren solle, gerade so, als würde Paul sich die Regenwürmer mit den Amseln im Garten teilen müssen. Nein, er hat noch nie eine Maus in seinem Katerleben gesehen und er würde sich angewidert vor so einem kleinen grauen Ding schütteln.
Während ich diese Zeilen schreibe, bin ich mir sehr wohl darüber im Klaren dass Purzel und viele andere kleine Katerchen einen festen Platz unter uns Menschen gefunden haben und erheblich zum Wohlbefinden manchen Frauchens oder Herrchens beitragen. Insofern werde ich mich hüten, deren Gefühle zu verletzen. Eigentlich will ich nur zum Ausdruck bringen, wie der Mensch, gleich aus welchen Gründen, sich außerhalb seiner Rasse Freunde sucht, die treu sind und ihn nie betrügen. Wie er das Tier in seiner Verhaltensweise verändern kann und man heute kaum noch einen Stubentiger sieht, der in Wald und Flur auf Beute geht, um seinen Hunger zu stillen.
Na gut, es muss ja nicht sein, dass so ein süßes kleines Kätzchen mit einer hässlichen Maus spielt. Die Rolle hat nun vollständig der Mäusebussard übernommen. Einer muss ja die Drecksarbeit machen und er tut es schnell und lautlos. So gesehen ist Purzel und seinesgleichen in eine höhere gesellschaftliche Rolle geschlüpft an der wir nichts mehr ändern wollen. Ich hätte auch nichts dagegen, wenn Purzel in den Bundestag einziehen würde, denn jemand sollte den Politikern mal die Zähne zeigen, wenn wir Menschen schon dazu selbst nicht mehr fähig sind.
Siegfried Winkler