Gemeinsam Schönes entdecken, lesen, schreiben, ohne Häme, ohne Kritik, das ist unser Anliegen. Ich werde in Euren Beitragen nichts ändern oder korrigieren, denn keiner soll sich kontrolliert fühlen. Viel Freude am Schreiben und Lesen FvB

Marianne Reepen




AN DEN WALD

Du lieber Wald,
in dem so gern ich weilte.
die Zeit so rastlos eilte.

Schon Jahre sah ich dich nicht mehr,
dort, wo mein helles Lied
ich mit Blätterrauschen teilte.

Im Geist bin ich nun dort.
beweg auf weichen Nadelkissen froh mich fort.
Sie federn meinen Gang.
Ein Wispern ist und ferner Vogelsang.

Der Blick schweift an den Stämmen hoch
bis in hin in höchste Kronen,
wo bunte Vögel wohnen.
Ein Fliegen hoch hinan, es würde lohnen

Durch kleine Blätterlücken,
ist der Himmel zu erblicken.
Die Fantasie sich Wege bahnt
und all das schöne Leben ahnt.

Ich meine fast, die Luft zu atmen,
den frischen Duft zu spüren,
des Vogels Flug zu hören,
der sich erhoben hat,
seh'  flinken Eichhorns muntres Spiel.
Es springt behend’ von Ast zu Blatt.

Bald seh´ ich durch der Stämme Schwarz,
das Grün der alten Wiesen,
wo in der Ferne bunte Tupfer sich bewegen,
die Kinder froh im Spiel sich regen.

Seh’ fern die Gruppe dreier Bäume,
hol sie im Geiste her,
werf’ Grüße durch das Wiesenmeer:
"Lebt wohl, ich mag euch ja so sehr.“

Die Augen schließ’ ich nun
und träum des Frühlings Lied,
möcht' immer ihn verspüren,
dass es mir nie entflieht.

Leb wohl du Wald,
ihr Wälder in der Ferne.
Ich mag euch sehr,
säh’ euch noch einmal gerne!


© Marianne Reepen

Johann Wolfgang von Goethe

Selbstbetrug

Der Vorhang schwebt hin und her
Bei meiner Nachbarin.
Gewiß, sie lauschet überquer,
Ob ich zu Hause bin.

Und ob der eifersücht'ge Groll,
Den ich am Tag gehegt,
Sich, wie er nun auf immer soll,
Im tiefen Herzen legt.

Doch leider hat das schöne Kind
Dergleichen nicht gefühlt.
Ich seh', es ist der Abendwind
Der mit dem Vorhang spielt.

von Johann Wolfgang von Goethe