Gemeinsam Schönes entdecken, lesen, schreiben, ohne Häme, ohne Kritik, das ist unser Anliegen. Ich werde in Euren Beitragen nichts ändern oder korrigieren, denn keiner soll sich kontrolliert fühlen. Viel Freude am Schreiben und Lesen FvB

Marianne Reepen




Letzter Okoberabend

Leis’ schob sich schon den Vorhang zu,
Dem Dunkel ich entflieh.'
Die Vöglein gingen längst zur Ruh.
Die Nacht kam viel zu früh.

Es ist mir wie im "Niemandsland,"
wo keiner lebt und schreibt,
dort wo man gänzlich unbekannt
und ungesehen bleibt?

Es igelt sich nun mancher ein,
mag den November nicht
und sucht der Kerzen sanften Schein.
Sie geben trautes Licht.

Wie trostvoll kleines Kerzlein brennt,
auf Gräbern - Tag und Nacht,
wo man geweint – allein, - getrennt,
am Ort, wo keiner lacht.

Ade, du schöne Lebenszeit,
da Freude war und Glück!
Nicht kann es ewig Sommer sein.
Was war, kehrt nicht zurück.

Ein Abglanz aller Schönheit nur
er blieb in uns als Trost,
wie eine feine Lebensspur,
als uns das Glück gekost.


© Marianne Reepen


- Lord Byron -

Wenn Nacht begräbt des Staubes Schmerzen,
Wohin wird, ach die Seele fliehn ?
Sie stirbt nicht – aus erloschnem Herzen
Muß sie zu anderen Reichen ziehn.
Wird sie entkörpert dann auf Sternen
Und Schritt um Schritt zum Himmel gehn ?
Wird sie sogleich des Weltalls Fernen,
Ein lebend Aug`, entschleiert sehn ?

Unendlich, ewig, nie verwesend,
Allsehend, aber unsichtbar,
Das Buch der Erd` und Himmel lesend,
Schaut sie im Geist, was ist und war:
Die schwächste Spur aus grauen Jahren;
Die im Gedächtnis dämmern mag,
Das Bild der Dinge, welche waren,
Steht wieder da wie heller Tag.

Zurück ins gärende Gewimmel
Des Chaos taucht sie, und hinauf
Bis zur Geburt der letzten Himmel
Sucht sie der Dinge großen Lauf.
Durch künft`ges Werden und Verderben
Umspannt ihr Blick den Flug der Zeit,
Ob Sonn` erlischt und Welten sterben
Reglos in seiner Ewigkeit.

Hoch über Lieb` und Haß und Trauer
Lebt sie in reiner, tiefer Ruh`;
Äonen fliehn wie Jahresdauer,
Und Erdenjahre wie ein Nu.
Weit, weiter schwebt sie ohne Schwinge,
Ein ew`ger namenloser Geist,
Durchs All und übers All der Dinge,
Und weiß nicht mehr, was Sterben heißt.